Zwangsräumung für Bankenrettung - Wer rettet wen?

Jeden Tag helfen mehr engagierte BürgerInnen mit, dass das Filmprojekt „Wer Rettet Wen?Wirklichkeit wird. Die einen spenden Geld. Schon mehr als 112.000€ wurden zusammengetragen. Andere übersetzen Interviews. Manche bieten uns auch Wohnung und Informationen vor Ort bei den Dreharbeiten. Ihnen allen herzlichsten Dank! Ohne Sie könnte der Film nichts werden! Im Herbst 2014 wird dann die Premiere sein – wieder in mehr als 150 europäischen Städten gleichzeitig am selben noch zu bestimmenden Abend!

Zuletzt führte uns der Film nach Spanien. Hier wird deutlicher als andernorts, dass die Bankenrettung vor allem zum Anlaß genommen wird, die Nichtbesitzenden ärmer und vor allem rechtloser zu machen.

Über Nacht auf der Straße landen…

In Spanien stehen ca.madrid tunnel drei Millionen bezugsfertiger Wohnungen leer. Trotzdem erleben dort jeden Monat knapp zehntausend Familien das Trauma einer Zwangsräumung, meist weil sie ihre Arbeit verloren haben und bei der Rückzahlung ihrer Wohnungshypothek in Rückstand geraten sind. Sie verlieren nicht nur ihre Wohnung und landen bei ungenügender familiärer Unterstützung auf der Straße. Sie bleiben auch auf dem Großteil der Schulden sitzen, obwohl sie die Wohnung an die Hypothekenbank verlieren. Zusätzlich schulden sie dann der Bank noch Zehntausende Euro Anwaltskosten. Zum Hohn derer, denen jede Möglichkeit, der Kreditfalle zu entkommen genommen ist, hat jetzt die Madrider Bürgermeisterin Ana Botella einen Erlaß erwirkt, der das Übernachten auf den Straßen Madrids mit 750€ Strafe belegt.

In Andalusien gibt es täglich etwa 45 Zwangsräumungen. Auch María del Carmen Andújar aus Huelva an der Südküste Spaniens, ihr arbeitsloser Ehemann und die zwei jugendlichen Söhne hatten keine Hoffnung mehr. Sie verdient nur 420€ im Monat, die Stütze ihres Mannes, 400€/Monat, läuft im Dezember aus. So kann die Familie keinesfalls die Hypothek auf die Wohnung abbezahlen. Kürzlich hat die Sparkasse ihren Kreditvertrag an einen Spekulationsfond weiterverkauft. Und der kennt keine Gnade. Anfang Oktober war die Zwangsräumuhuelva mariang anberaumt.

Doch dann die unerwartete Rettung
Die Regierung der autonomen Region Andalusien   –   eine Koalition der Linkspartei Izquerda Unida und der PSOE – wollte schon im April mit einem Dekret den Leerstand von Wohnungen mit 9.000€ pro qm und Monat bestrafen. Andererseits sollten auch die Zwangsräumungen gestoppt werden. Dieser Entwurf wurde umgehend von der Zentralregierung kassiert und an den nationalen Gerichtshof verwiesen. Im September verabschiedete die andalusische Regierung aber noch einmal dasselbe Gesetz, leicht modifiziert und unangreifbarer. María del Carmen Andújar aus Huelva wurde durch folgende Bestimmung gerettet: Wenn eine mit Zwangsräumung bedrohte Familie nachweisen kann, dass sie in den letzten drei Jahren durch Verarmung nicht mehr den Schuldendienst leisten kann, wird die Bank als Eigentümerin der Wohnung für drei Jahre enteignet. In dieser Zeit muss die Familie nur 25% ihres Einkommens als Sozialmiete abführen.

Nach Brüssel zitiert – Bankenrettungsdemokratie

Doch kaum war das neue Gesetz verabschiedet, wurde die andalusische Regierung nach Brüssel zitiert. Der Vizepräsident der Europäischen Kommission und Kommissar für Wirtschaft und Währung Olli Rehn empfing die Präsidentin der andalusischen Autonomieregierung, Susana Díaz Pacheco, und ihre Sozialministerin Micaela Navarro mit dem Vorwurf, das Gesetz gefährde die spanische Bad Bank SARAB und damit die 100 Mrd. € Kredite, die Europa Spanien zur Verfügung gestellt hat. Da die andalusischen Regierungsvertreter sich strikt weigerten, das Gesetz zurückzunehmen, wird jetzt die Troika aus Kommission, Zentralbank und Internationalem Währungsfonds prüfen, inwieweit das Gesetz mit der Bankenrettung unvereinbar ist und die Rücknahme so erzwungen werden kann.

Widerstand ist die einzige Rettung

Derweilen gehen die Zwangsräumungen in anderen Landesteilen Spaniens munter weiter. Das aus der basisdemokratischen 15M-Bewegung hervorgegangene „Komitee der Hypothekenopfer“ (PAH) schafft es zwar immer mehr, zu Zwangsräumungen Öffentlichkeit herzustellen. Und meist kann bei genügender Beteiligung der Nachbarschaft und anderer Aktiver die Räumung verhindert werden. Eine Hilfe ist auch, dass der Europäische Gerichtshof auf Antrag des PAH die spanische Variante der Zwangsräumung, bei der die Schulden erhalten bleiben, für illegal erklärt hat. Ende Oktober verhinderte der Europäische Menschenrechtsgerichtshof sogar in letzter Minute die Räumung einer von Zwangsgeräumten besetzten Häuserzeile. Aber die meisten Räumungen erfolgen ohne jede Öffentlichkeit. Und wenn es der Bank wichtig ist, brechen Hundertschaften Polizei auch massenhaften Widerstand.

Modell Deutschland

Die 31jährige Amaya konnte als Mitarbeiterin des Call-Centers Konecta in Madrid von ihrem kärglichen Lohn die Miete nicht zahlen. Am 16.Juli wurde die erste Zwangsräumung dank großer Unterstützung verhindert. Am 11.September rückte dann eine ganze Hundertschaft Polizei an. Amaya erlitt einen psychischen Zusammenbruch und wurde vom Arzt krank geschrieben. Postwendend erhielt sie vom Call-Center das Kündigungsschreiben. Das Unternehmen erkennt zwar das ärztliche Attest an, beruft sich aber auf das neue Gesetz der Arbeitsmarktreform, das Entlassungen auch bei Krankschreibung zulässt.

Eigentlich hat Spanien bei den jüngsten Arbeitsmarktreformen nur eins zu eins übernommen, was in Deutschland schon seit Schöder gilt: Wiederholte Befristung, Leiharbeit, Werkverträge… Nur die Möglichkeit der Entlassung im Kranhkeitsfall gibt es in Deutschland noch nicht. Deshalb gilt Spanien jetzt als wettbewerbsfähiger.

Auf der Insel der Glückseligen

Zwangsräumungen, allein ein Problem der südlichen Krisenstaaten? Weit gefehlt! Im von allen beneideten Deutschland funktioniert das nur still und heimlich. In Berlin etwa 22 mal pro Tag! In Hamburg sind es 12 Zwangsräumungen an jedem Tag!

Helfen Sie mit, diesen Wahnsinn zu stoppen! Über 112.000 EURO wurden schon für den Film „Wer Rettet Wen?“ zusammengetragen. Das Finanzierungsziel von 130.000€  rückt in greifbare Nähe!