Die Covid-19-Pandemie hat neben des Rolle des ökonomischen Brandbeschleunigers noch eine andere Bedeutung. Zum einen – wir haben es oft schon vergessen – hat der anfängliche Shut Down den meisten von uns für wenige Wochen gezeigt, dass und wie es möglich ist, fast ganz ohne das Surrogat des Kapitalismus “Konsum” zu leben. Plötzlich konnten wir uns nicht mehr belohnen für nervende Arbeit und sonstige Spannungen. Keine Möglichkeit mehr auszugehen, kein Kino, kein Restaurantbesuch, selbst der Einkauf tröstender Lebensmittel wurde zur Turtour. Wie selbstverständlich leben wir seit Jahren mit der Gewohnheit, sich für unliebsame Arbeit und auch Einsamkeit zu belohnen. Ein Bad mit Duftkügelchen zu nehmen, statt vom Partner umarmt zu werden, einen teuren Esstisch zu kaufen, statt gemeinsam zu kochen – kaum eine dieser Ablenkungen war plötzlich nicht mehr möglich. Dies machte Angst, zeigte vielen aber auch, an welch unwürdiges Leben im Hamsterrad wir uns gewöhnt haben. Zumal nun auch die Unsicherheit dazukommt. So viel Jobs sind nun gefährdet.
Viele haben allerdings – in den sog. entwickelten Länder durchschittlich 40% der Erwerbstätigen – üblere Erfahrungen in der Pandemie gemacht. Die unsicher und ohne Sozialversicherungspflicht Beschäftigten, Freelancer, auf Abruf oder mit Werkvertrag Arbeitende, Crowdworker. Menschen in einer “neuen Freiheit”, die wir in unserem letzten Film “Der marktgerechte Mensch” erleben konnten. Sie können sich meist nicht mehr krankschreiben lassen, sie haben keine umfassende Gesundheitsfürsorge mehr, keine Rentenversorgung. Sie müssen immer arbeiten, um zu überleben, egal ob sie krank sind. Und oft geht es schon darum, nur noch um die Schulden zu bedienen. Diese Menschen bekommen kein Kurzarbeitergeld. Sie mussten auch im Shut Down oft gegen alle Vorschriften weiter machen. Der Schuldendienst, die Mietforderungen sind unerbittlich!